Erschütterungsmessung : Erfassen, bewerten, dokumentieren von Erschütterungen im Bauwesen und an Verkehrswegen nach DIN 4150 oder SN 640312.
Erschütterungsmessungen dokumentieren die Erschütterungsbelastung von Menschen oder Bauwerken durch Sprengungen, Bauarbeiten, Straßenverkehr, Schienenverkehr, Maschinenschwingungen etc. Die einschlägigen Normen und Richtlinien geben Anhaltswerte für die Erschütterungsbelastung vor und ermöglichen eine Einstufung und Beurteilung der Erschütterungsimmissionen. In Deutschland ist die DIN 4150 maßgebend, in der Schweiz erfolgt die Bewertung der Erschütterungsbelastung von Bauwerken nach SN 640312.
Übliche Messgröße ist die Schwinggeschwindigkeit in der Einheit mm/s. Der zeitabhängige Verlauf der Schwinggeschwindigkeit wird mit Geophonen in 3 orthogonalen Raumrichtungen gemessen und digital aufgezeichnet. Für Spezialaufgaben werden alternativ - meist piezoelektrische - Beschleunigungsaufnehmer eingesetzt. Je nach Aufgabenstellung werden Einzelmessungen manuell gestartet, z.B. bei Zugvorbeifahrten, oder automatisch bei Überschreitung von Schwellenwerten, z.B. bei der Dauerüberwachung der Erschütterungsbelastung durch Bauarbeiten. Bei Überschreitung von Schwellenwerten können optische oder akustische Warnsignalgeber eingesetzt werden, auch die Benachrichtigung von Verantwortlichen per E-Mail oder SMS ist möglich. Messorte und Messdauer werden so gewählt, dass die stärksten Erschütterungen erfasst werden.
Erschütterungseinwirkung auf Gebäude : Zur Vermeidung von Gebäudedschäden wird die Erschütterungsbelastung eines Gebäudes nach DIN 4150, Teil 3, gemessen und bewertet. In der Regel sind Messungen am Fundament und auf der obersten Geschossdecke (Außenwand und Mitte) erforderlich. Bei der Beurteilung der Erschütterungsimmission wird unterschieden zwischen kurzzeitigen Einwirkungen, z.B. durch Sprengungen, und dauerhaften Erschütterungen. Dauerhafte Erschütterungen, beispielsweise durch Maschinenschwingungen oder Vibrationsrammen, sind aufgrund ihrer Dauer oder ihres Frequenzinhaltes geeignet Materialermüdungen hervorzurufen oder Resonanzen im Gebäude anzuregen. Bei der Bewertung gemessener Erschütterungen ist auch die Bauart des Gebäudes zu berücksichtigen.
Für andere Bauwerke, wie Brücken, Rohrleitungen, Glockentürme oder technische Anlagen wie Rechenzentren, Hochregallager oder schwingungsempfindliche Maschinen gelten gesonderte Anhaltswerte oder maximale Erschütterungsbelastungen nach Herstellerangaben. Erschütterungsmessungen werden auch eingesetzt zur Überwachung des Betriebszustandes von Maschinen, z.B. von Windkraftanlagen. Bei der Überwachung komplexer Baumaßnahmen, etwa bei Tunnelbohrungen im innerstädtischen Bereich wie bei Stuttgart 21 oder bei der Kombilösung in Karlsruhe, werden Erschütterungsmessungen mit weiteren geophysikalischen und geodätischen Messverfahren kombiniert.
Erschütterungseinwirkung auf Menschen in Gebäuden : Für die Beurteilung der Erschütterungseinwirkung auf Menschen in Gebäuden nach DIN 4150, Teil 2, erfolgt eine Frequenzbewertung der Messwerte. Die Frequenzbewertung berücksichtigt die Erschütterungsempfindlichkeit des Menschen. In Wohngebäuden sind in der Regel die vertikalen Erschütterungen in der Mitte der obersten Geschossdecke bzw. der Geschossdecke mit der größten Spannweite am stärksten und damit maßgebend. Die Bewertung der gemessenen Erschütterungen hängt von der Lage und Nutzung der Räume ab und berücksichtigt Ruhezeiten.
Erschütterungsprognose : An Erschütterungsquellen, z.B. Schienenverkehrswegen, kann für geplante Bauwerke eine Erschütterungsprognose erforderlich sein. Die Prognose muss die Erschütterungsemission, die Erschütterungsausbreitung, die Erschütterungsübertragung auf das Bauwerk und die Erschütterungsausbreitung im Bauwerk anhand von Erfahrungswerten und Berechnungen berücksichtigen. Bei geplanten Erschütterungsquellen kann die Erschütterungsemission durch Erfahrungswerte oder Literaturangaben abgeschätzt werden, an bestehenden Erschütterungsquellen wird die Erschütterungsemission gemessen.
Anwendungen : Erschütterungsmessungen nach DIN 4150 werden eingesetzt zur
-
Beurteilung der Erschütterungsbelastung von Gebäuden (DIN 4150-3) oder Menschen in Gebäuden (DIN 4150-2)
-
Erschütterungsprognose, z.B. vor der Errichtung von Gebäuden an Schienenverkehrswegen (DIN 4150-1, RIL 820.2050) oder vor Baumaßnahmen
-
Beweissicherung bei Sprengungen, Bauarbeiten etc., auch in Kombination mit weiteren Messungen, z.B. der Fugenweite bestehender Risse
Beispiel :
Überwachung von Rammarbeiten : Schwinggeschwindigkeiten
Überwachung von Rammarbeiten : Spektren der Schwinggeschwindigkeiten